BRAUBACHfive

Ursula Edelmann
Der Henninger Turm 1961 - 2013
Fotografie

Vernissage
am Freitag, 5. Juli 2013 um 19 Uhr.

Einführung: Dr. phil. Sabine Hock

Ausstellungsdauer: 6. Juli - 17. August 2013
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Henninger–Turm – Der Wandel einer Ikone des Frankfurter Stadtbilds Die Ausstellung „Ursula Edelmann – Der Henniger-Turm 1961–2013“ zeigt zum Teil großformatige Schwarzweiß-Aufnahmen aus der Zeit unmittelbar nach der Fertigstellung des markanten Industrie- und Ausflugsgebäudes 1961 sowie aktuelle farbige Momentaufnahmen. Die Fotografin Ursula Edelmann – bereits mehrfach in der Galerie Braubach five zu Gast – wirft ihren Blick auf ein besonderes Motiv der Frankfurter Nachkriegsarchitektur.

Ihre bekannte Außenaufnahme, die im Zuge der Diskussion um Weiternutzung, Abriss und Neubau des Henninger-Turms wieder große Verbreitung fand, veranschaulicht, dass der Henniger-Turm als eines der ersten Gebäude in Frankfurt nachts angestrahlt wurde. Auch frühe Innenaufnahmen des Turm-Restaurants sind zu sehen. Ergänzt werden die historischen Fotos durch eine aktuelle Dokumentation, die verschiedene Stadien des Abrisses festhält und zugleich die heutige städtebauliche Fernwirkung des Turms thematisiert. Als sichtbares Zeichen reckt sich der Henninger-Turm an der südlichen Peripherie der Stadt himmelwärts. Ankommende Flugreisende erkennen an seinem asymmetrischen Aufsatz, dem so genannten Bierfässchen, das einst Drehrestaurants, Bars und Aussichtsplattformen enthielt, dass sie demnächst in der Mainstadt landen werden. Der Turm kombinierte gegensätzliche Aufgaben, seine Funktion als Gerstenspeicher für die Bierproduktion war schon bald überholt. Als Ausflugs- und Vergnügungsort genoss er anfangs höchste Popularität. Wie in anderen Aussichtstürmen (so in Hamburg, Stuttgart, aber auch im Frankfurter Europaturm), machten gestiegene Anforderungen an den Brandschutz den Weiterbetrieb der Restaurants unmöglich. Anders als vergleichbare Silotürme war der Henniger-Turm kein reiner Industriebau, sondern stets auf Publikumsverkehr ausgerichtet, was sich beispielsweise an seinem verglasten Treppenhaus bemerkbar macht. Architekt Karl Lieser war Professor an der TU-Darmstadt, machte während der 1930er Jahre unter fragwürdigen Umständen Karriere, bevor er in der Nachkriegszeit zum Hausarchitekten von Henninger Bräu avancierte. Mit der gestalterisch reizvollen, bis ins Detail ausgearbeiteten Architektur vieler Frankfurter Nachkriegsbauten konnte sein Silobau nicht mithalten.

Der langsam fortschreitende Abriss des Henniger-Turms und sein geplanter Ersatz durch ein äußerlich ähnliches Wohnhochhaus (Entwurf Meixner, Schlüter, Wendt Architekten) wie auch die Umwandlung des einstigen Produktionsstandorts („Henniger-Turm-Gelände“) zu gehobenen Wohnzwecken versinnbildlichen aktuelle Wandlungsprozesse der Stadt. Im Zeichen von Globalisierung und Digitalisierung verschwinden vermeintlich störende Nutzungen. Fabrikanlagen, Güterbahnhöfe, Postsortieranlagen, Schlachthöfe und Großmärkte sind im Stadtgefüge überflüssig. Ihre Flächen werden in neue homogene Quartiere verwandelt, die allein unter kommerziellen Gesichtspunkten realisiert werden. Damit verstärkt sich die Abhängigkeit von Verkehrsströmen – in Frankfurt durch permanenten Fluglärm an vielen Orten spürbar.

Der Henniger-Turm lässt kontroverse Positionen zum Thema Weiterbau und Nachnutzung überflüssig gewordener Bauten erkennen. Mit ihrem fotografischen Blick auf das einst ungeliebte, dann doch selbstverständlich gewordene Bauwerk frönt Ursula Edelmann keinen sentimentalen Gedanken, stellt aber doch vermeintliche Selbstverständlichkeiten einer kommerziell orientierten Stadtentwicklung in Frage.